„ Um die Realität abzubilden, nehme ich einen Photoapparat. Wenn ich mich aber für die Werkzeuge Pinsel und Farbe entschieden habe, schreiben sie mir vor, mit ihnen so umzugehen, wie es ihre Beschaffenheit vorsieht: Malen, Striche ziehen, Farbe auftragen, Flächen setzen, Grenzen ziehen.“
Wozu malt man heute noch? Um einen Moment fest zu halten? Um einen Menschen zu portraitieren? Um ein schönes Bild zu malen, das der Mensch sich gerne über die Couch hängt? Unsere heutige Zeit bemisst knapper. Ein stetiger Wechsel von Informationen, Lebensumständen und –orten, ein immer öfteres Aufbauen und Wiederzusammenpacken führt zum stetigen Umdenken, immer wieder zu Neudefinierungen der Ideale, einem stetigen Abwägen eigener Anpassungsfähigkeit. Wenn man durch Mangolds Atelier stöbert, ist es, als stolpere man mit dem Künstler durch sein Tagebuch… eine Art Verarbeitung, Selbsterklärung und Festigung flüchtiger Prägungen, kurzer Begegnungen, immer häufiger wechselnder Lebenssituationen, die diese Zeit einer Generation aufträgt, für welche die ganze Welt eröffnet ist, aber ebendiese nicht fragt, ob sie dazu bereit ist.
Der Künstler verschlüsselt mit dem Pinselstrich ganz persönliche Botschaften an den Betrachter und an das, was er auf die Leinwand setzt, auf Deckenverkleidungen vom Berliner Palast der Republik aufträgt und über Holzrückstände alter Häuser zieht. Es ist nicht der Versuch, die Wirklichkeit zu verdichten. Denn es gibt nicht mehr die eine Wirklichkeit. Diese Welt ist voller Wirklichkeiten, die sich immer weniger einander entsprechen… und der Mensch des 21. Jahrhunderts soll auf seiner Lebensreise wohl von der einen zur anderen problemlos und zügig wechseln können. Aber dem ist nicht so. Es kann nur die eigene, persönliche und intime Wahrheit geben, die man als innere und zeitlosgültige Wahrheit mit sich tragen kann.
Martin Mangold hebt das Dargestellte mit seiner Malerei auf eine neue Ebene, nämlich auf eben diese persönliche Wahrheit, die eine stets klärende, erklärende Verbindung zwischen dem Künstler und dem schafft, das sowohl durch eine starke Farbigkeit als auch durch ein fahles Schwarz/Weiß gezogen wird. Die Malerei wird zum intimen Zwiegespräch, einer Wanderung durch die Farben persönlicher Erfahrungen, Eindrücke und des Kampfes mit der hereinflutenden Zeit, die niemand mehr zu haben scheint. Weder für sich selbst, noch für diese große, uns so offen stehende Welt.
Katharina Weidauer 2009
Glaskünstlerin